Gürtelrose-Vakzin: Ist diese Impfung eine Therapie gegen Demenz?

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Nach einer Windpockeninfektion  schlummert das Varizella-Zoster-Virus lebenslang in Nervenzellen des Körpers. Es kann – meist, wenn man älter wird oder das Immunsystem schwächer – reaktiviert werden und eine schmerzhafte Gürtelrose auslösen, einen Herpes zoster.

In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission Stiko deshalb allen Menschen ab 60 Jahren und außerdem besonders gefährdeten Patientinnen und Patienten ab 18 Jahren eine Impfung gegen Gürtelrose. Allerdings: Die Impfquote liegt laut RKI nur bei rund 20 Prozent.

Sich nicht gegen Gürtelrose impfen zu lassen, könnte sich jedoch als fataler Fehler herausstellen. Denn die Impfung hat offenbar sehr positive Nebeneffekte. Ein internationales Forscherteam stellte jetzt fest, dass Menschen mit Demenz, die die Gürtelrose-Impfung erhielten, ein um fast 30 Prozent reduziertes Risiko hatten, innerhalb des Beobachtungszeitraums von neun Jahren an ihrer Demenz zu sterben. Dies deutet darauf hin, dass die Impfung das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen könnte. Die Ergebnisse der umfangreichen Studie  wurden in der Fachzeitschrift »Cell« veröffentlicht.

Die Forscher machten sich ein natürliches Experiment zunutze

Die Forscher machten sich in ihrer Studie ein natürliches Experiment in Wales mit damals 80-Jährigen zunutze. Wer dort am oder nach dem 2. September 1933 geboren worden war, durfte die Gürtelrose-Impfung bekommen, wer vor dem 2. September 1933 zur Welt gekommen war, nicht. Diese Regelung bot der Wissenschaft die einmalige Gelegenheit, die Wirksamkeit der Impfung zu untersuchen, denn außer ihrem Impfstatus gab es im Durchschnitt keine wesentlichen Unterschiede zwischen denen, deren Geburtsdatum kurz vor oder kurz nach dem Stichtag lag. Deshalb kann man davon ausgehen, dass der deutliche Unterschied im Sterberisiko an Demenz wesentlich auf den Einfluss dieser Impfung zurückzuführen ist.

Anfang dieses Jahres hatten die Forscher so bereits herausgefunden, dass die Gürtelrose-Impfung auch präventiv vor der Entstehung einer Demenz schützen kann: Diejenigen Menschen, die gegen Gürtelrose geimpft worden waren, hatten im Durchschnitt ein um 20 Prozent geringeres Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Bei Frauen ist dieser Effekt sogar noch einmal deutlich größer. (Mehr dazu lesen Sie hier.) 

Starkes Schutzsignal gegen Demenz

Das Spannende an den neuen Erkenntnissen sei jetzt jedoch, »dass dies wirklich darauf hindeutet, dass der Herpes-Zoster-Impfstoff nicht nur vorbeugende und verzögernde Vorteile für Demenz hat, sondern auch therapeutisches Potenzial für diejenigen, die bereits an Demenz leiden« sagte Studienleiter Dr. Pascal Geldsetzer von der Stanford University in Kalifornien in einer Erklärung.

Ob der Herpes-Zoster-Impfstoff durch eine allgemeine Stärkung des Immunsystems, durch eine gezielte Verringerung der Reaktivierung des Herpes-Zoster-Virus oder durch einen anderen Mechanismus vor Demenz schützt, ist laut den Forschern noch unbekannt.

Ebenfalls unbekannt ist, ob der in Deutschland verwendete Herpes-Zoster-Impfstoff Shingrix, der nur bestimmte Proteine des Virus enthält, aber besser vor Herpes Zoster schützt, eine ähnliche oder sogar größere Wirkung auf Demenz hat als der ältere Lebendimpfstoff, den die Teilnehmer der Studien in Wales erhalten haben.

Inzwischen deuten auch andere Studien aus verschiedenen Ländern auf ähnliche positive Effekte einer Gürtelrose hin, wie sie in Wales beobachtet wurden. »Wir sehen einfach immer wieder dieses starke Schutzsignal für Demenz in einem Datensatz nach dem anderen«, sagte Geldsetzer.

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