DFB-Spieler Nick Woltemade und Joshua Kimmich (r.): Hoffnungsträger für die WM
Foto:Herbertz / Nico Herbertz / IMAGO
Dieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Bevor am Abend um 18 Uhr (Liveticker bei SPIEGEL.de; TV: ZDF) die Gruppenauslosung für die WM 2026 im Kennedy Center in Washington beginnt und es ein sehr langer Abend werden könnte (48 Loskugeln, Donald Trump als Ehrengast, Fifa-Präsident Gianni Infantino), steht immerhin schon fest, auf wen die DFB-Elf in der Vorrunde nicht treffen kann.
Deutschland ist in Lostopf 1 gesetzt, zusammen mit:
Kanada (Gastgeber)
Mexiko (Gastgeber)
USA (Gastgeber)
Spanien
Argentinien
Frankreich
England
Brasilien
Portugal
Niederlande
Belgien.
Es ist vorerst also kein Duell mit Weltmeister Argentinien oder Europameister Spanien möglich – ein kleiner Trost nach den zwei Vorrundenausfällen 2018 und 2022.
Doch obwohl diese Teams wegfallen und die WM mit 48 Teilnehmern so groß wie nie zuvor ist, kann es trotzdem schwer werden für die Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann. Aus den Töpfen 2 bis 4 drohen unangenehme Konstellationen. Wir haben drei mögliche DFB-Gruppen zusammengestellt. Zuvor werfen wir einen Blick auf die drei weiteren Töpfe.
Topf 2: Kroatien, Marokko, Kolumbien, Uruguay, Schweiz, Japan, Senegal, Iran, Südkorea, Ecuador, Österreich, Australien
Topf 3: Norwegen, Panama, Ägypten, Algerien, Schottland, Paraguay, Tunesien, Elfenbeinküste, Usbekistan, Katar, Saudi-Arabien, Südafrika
Topf 4: Jordanien, Kap Verde, Ghana, Curacao, Haiti, Neuseeland, Uefa-Playoff A, Uefa-Playoff B, Uefa-Playoff C, Uefa-Playoff D, Fifa-Playoff 1, Fifa-Playoff 2
Im Prinzip sind all diese Gegner möglich. Die einzige Einschränkung ist, dass in den zwölf Vierergruppen jeweils nur ein Team eines Kontinentalverbands spielen darf. Europa allerdings bildet eine Ausnahme. Da 16 europäische Vertreter bei der WM teilnehmen, wird es vier Gruppen mit je zwei europäischen Teams geben.
Szenario 1: Die Todesgruppe
Deutschland, Kolumbien, Norwegen, Ghana
Norwegens Stürmer Erling Haaland: Das Gesicht der WM?
Foto: Marius Simensen / Bildbyran / IMAGOSollte es so kommen, würde der nach Washington gereiste Bundestrainer Nagelsmann hinterher vermutlich von einer spannenden Aufgabe sprechen. Tatsächlich wäre es die vielleicht schwerste.
Kolumbien hat eine souveräne WM-Qualifikation in Südamerika gespielt und gilt als unbequemes, physisch starkes Team. In Mexiko, den USA und Kanada wird die Mannschaft voraussichtlich von vielen lautstarken Fans begleitet, die Spiele könnten sich wie Auswärtspartien auf neutralem Boden anfühlen.
Norwegen ist für viele das aufregendste europäische Team, in der Qualifikation begeisterte die Auswahl um Torjäger Erling Haaland unter anderem gegen Italien. Doch es ist längst nicht nur Haaland: Regisseur Martin Ødegaard, der dynamische Leipziger Angreifer Antonio Nusa und Stürmer Jørgen Strand Larsen stehen für eine Generation, die als die talentierteste in der norwegischen Fußballgeschichte gilt.
Und dann ist da noch Ghana.
Zweimal traf man bei Weltmeisterschaften bereits aufeinander, beide Duelle waren hart umkämpft: 2010 siegte die deutsche Auswahl 1:0, 2014 endete die Partie 2:2. Die Ghanaer sind heute nicht mehr ganz so prominent besetzt wie damals, Deutschland allerdings auch nicht. Mit dem ehemaligen Bundesligaspieler Otto Addo steht ein in Deutschland geborener Nationaltrainer bei Ghana an der Seitenlinie.
Es wäre eine harte Gruppe, im Volksmund als Todesgruppe bekannt. Aber immerhin: Neben den zwölf Gruppensiegern und zwölf Gruppenzweiten ziehen auch die acht besten Gruppendritten in die K.-o.-Phase ein.
Schöne, neue Welt.
Szenario 2: Losglück!
Deutschland, Australien, Katar, Haiti
Haiti: WM-Teilnehmer gegen alle Widerstände
Foto: Ricardo Makyn / AFP»Losglück«?! Wirklich? Nach zwei Vorrundenausfällen zuletzt bei Weltmeisterschaften sollten die Deutschen den Mund nicht zu voll nehmen. Doch manche Ziehungen bei diesem großen Turnier lassen keinen Zweifel: Hier hätte das DFB-Team einfach Glück gehabt – bei allem Respekt.
Australien pendelt seit der WM 2006 in Deutschland nahtlos von Endrunde zu Endrunde. Damals scheiterten die Socceroos im Achtelfinale umstritten an Italien, dem späteren Weltmeister. Heute stellen sie wie eh und je Kader mit Profis aus europäischen Ligen auf, doch in Australien bleibt Fußball niederrangig gegenüber Rugby oder Cricket.
Katar, ach ja. Bei der Heim-WM 2022 als Gastgeber qualifiziert, erwies sich die Auswahl als Rohrkrepierer. Nun hat das Team dank eines umstrittenen Qualifikationsmodus den Sprung geschafft: In der entscheidenden Playoff-Runde durfte Katar alle Spiele im heimischen Doha austragen, mit mehr Regenerationszeit als die Gegner. Proteste der Konkurrenz prallten an der Fifa ab. Bei Katar nagt der Verdacht, dass gute Beziehungen zum Fußballweltverband mehr wiegen als gleiche sportliche Bedingungen für alle.
Und dann ist da noch Haiti, Fifa-Rang 84, ein echter Außenseiter. Die Qualifikation für 2026 ist bewundernswert angesichts von Unruhen, brutaler Bandenkriminalität und maroder Infrastruktur. Trotz allem: Haiti ist dabei, vielleicht als Schlusslicht, aber als eines der bemerkenswertesten Teams des Turniers.
Szenario 3: Geschichtsstunde
Deutschland, Südkorea, Algerien, Italien
Deutschland gegen Südkorea 2018: Tiefpunkt im deutschen Fußball
Foto: Andreas Gebert / dpaEine Gruppe, die Erinnerungen weckt – an Höhen und Tiefen. 27. Juni 2018: Deutschland, euphorisiert nach dem späten Sieg gegen Schweden, tritt ins letzte Gruppenspiel gegen Südkorea an. Als aktueller Weltmeister muss die Elf siegen, um ins Achtelfinale einzuziehen; die Fallhöhe ist gewaltig.
Es wird ein Nervenspiel. Die Deutschen erzielen kein Tor, während die Südkoreaner in der Nachspielzeit zweimal zuschlagen. Die Südkoreaner feiern, als hätten sie den WM-Titel gewonnen, in Wahrheit sind sie ausgeschieden, aber sie haben den Weltmeister mit auf die Heimreise genommen.
Südkorea bleibt wie eh und je ein unangenehmer Gegner, Algerien ebenso. Nur vier Jahre vor dem Desaster in Russland war die DFB-Auswahl 2014 im Achtelfinale auf die Nordafrikaner getroffen, eine Verlängerungsnervenschlacht, die fast in der Blamage endete. Stattdessen der späte Sieg, der Eistonnenmoment und Per Mertesackers legendäres TV-Interview, vielleicht der Startschuss zum späteren WM-Triumph.
Und was ist mit Italien?
Die Azzurri sind noch gar nicht dabei, sondern tauchen im vierten Lostopf bisher nur mit einem Platzhalter auf, da sie sich erst noch im Frühjahr in den Uefa-Playoffs durchsetzen müssen. Ob das gelingt? Zweifel sind angebracht: Die vergangenen beiden Weltmeisterschaften hat Italien verpasst.
Doch Italien bleibt Italien, der Bezwinger Deutschlands bei der Heim-WM 2006, ein ewiger Rivale. Schon in der Vorrunde? Es wäre unangenehm und zugleich Stoff für Tausende Anekdoten aus der Fußballgeschichte.
Ab 18 Uhr werden die Lose gezogen.

vor 14 Stunden
1








English (US) ·