Dankbarkeit von Autoren: Lesen Sie hier, wir freuen uns

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Warum sind junge Autoren immerzu dankbar?

Aus der ZEIT Nr. 52/2025 Aktualisiert am 5. Dezember 2025, 16:14 Uhr

 Dankbarkeit ist so wichtig heutzutage, jedenfalls auf Social Media.
Dankbarkeit ist so wichtig heutzutage, jedenfalls auf Social Media. © Getty Images

Wer heute in Deutschland für Zeitungen schreibt, der hat, verdammt noch mal, dankbar zu sein! Zumindest könnte man das denken, wenn man sich durch die Insta-Stories junger Journalisten klickt. Überall dieselbe unterwürfige Höflichkeitsformel neben dem Link zur neuen Arbeit: "Ich durfte ein Interview mit dieser Band führen", "Ich durfte eine ganze Seite in jener Zeitschrift vollschreiben" oder "Ich durfte meine Meinung in einem Podcast sagen".

Die Idee dahinter – den Followern einen schnellen Einblick in die eigene Arbeit zu geben – ist eigentlich gar nicht schlecht. Und natürlich stammt sie, wie fast jeder gute Einfall in diesem Land, aus den USA. Nur würde dort kein Journalist jemals schreiben "I had the honor of expressing my opinion in a podcast", sondern "It was a pleasure to be there" – selbstbewusst und ein bisschen großspurig. In Deutschland aber verwandelt sich derselbe Impuls sofort in einen Hofknicks, der klingt, als müsse man dankbar sein, gearbeitet zu haben. Marx kriegt die Krise.

Der Ton erinnert übrigens auch an die servile Nachwortkultur junger Schriftsteller, die sich seit einiger Zeit auf den letzten Seiten ihrer Bücher ausführlich bei Verleger und Lektor bedanken. Wobei das wenigstens ehrlich ist: Dass erfolgsversessene Autoren von ihren Arbeitgebern während des Schreibprozesses händchenhaltend begleitet werden, ist im infantilen Zeitalter längst zur Normalität geworden.

Schreibende, ist es nicht an der Zeit, den Ruhm zu vergessen? Habt keine Angst vor Vorgesetzten, fordert lieber mehr Geld von ihnen – und denkt dran: Ohne euch würde kein Verlag und keine Zeitung überhaupt existieren.

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