Die EU-Kommission will europäischen Unternehmen den Zugang zu Rohstoffen wie Lithium und seltenen Erden sichern. Industriekommissar Stéphane Séjourné plant ein Europäisches Zentrum für Kritische Rohstoffe. Dieses soll gemeinsame Einkäufe mehrerer EU-Staaten koordinieren und Vorräte anlegen. Die EU soll damit unabhängiger von China werden, das den Weltmarkt für zahlreiche Rohstoffe kontrolliert.
Die Kommission will das Zentrum nach eigener Aussage bereits Anfang des kommenden Jahres aufsetzen. Mehrere Unternehmen aus verschiedenen Ländern sollen die EU-Plattform nutzen können, um gemeinsam Rohstoffe zu importieren und so einen niedrigeren Preis auszuhandeln oder Genehmigungs- und Transportkosten zu sparen.
Aktuell bezieht die europäische Industrie fast ihren gesamten Bedarf an Lithium und seltenen Erden aus China. Die Materialien stecken in Magneten und Halbleitern, die in der Automobil-, Elektronik- und Verteidigungsindustrie verwendet werden. China ist der weltweit größte Produzent und hält viele Patente für Technologien zur Veredelung und Weiterverarbeitung der Metalle.
Kritik an China
Die Dominanz ist mittlerweile ein offen eingesetztes Druckmittel: Seit April verlangt China Lizenzen für bestimmte Exporte, im Oktober drohte Peking mit einer Verschärfung. EU-Kommissar Séjourné warf China »Erpressung« vor. Seiner Aussage nach erteilt Peking die Lizenzen nur stückchenweise oder im Austausch für Betriebsgeheimnisse, sodass Lieferungen in den Rückstand geraten.
Die EU-Kommission kündigte eine härtere Wirtschaftspolitik gegenüber anderen Staaten an. »Die EU wird auch strategischer vorgehen, um ihr wirtschaftliches Gewicht und den Zugang zu ihrem Binnenmarkt besser zu nutzen«, so die Kommission. Denkbar sind etwa Anti-Dumping-Zölle, Maßnahmen gegen Übernahmen von europäischen Firmen aus dem Ausland oder der Ausschluss von Firmen aus Drittstaaten bei öffentlichen Aufträgen.
»Es ist wohl vor allem den aktuellen Exportbeschränkungen Chinas für seltene Erden zu verdanken, dass die EU hier jetzt endlich die nächste Stufe zündet«, teilte der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), mit. So habe ein drohender Auslieferungsstopp von Chips des niederländischen Unternehmens Nexperia deutlich gemacht, wie verwundbar europäische Lieferketten seien.
Auch Unternehmen müssen handeln
Industriekommissar Séjourné nahm auch die Industrie in die Pflicht: »Unser Vorhaben funktioniert nur, wenn die europäischen Unternehmen mitmachen«, sagte er. »Sie müssen sich verpflichten, nicht zu hundert Prozent in China einzukaufen«, fügte er hinzu – auch wenn ihnen dadurch Kosten entstünden.
Brüssel will auch die Produktion innerhalb der EU ankurbeln. Dafür sollen Genehmigungsverfahren für Minen und Fabriken vereinfacht werden. Außerdem vergibt die Europäische Investitionsbank (EIB) vereinfachte Kredite. Davon profitiert auch das Unternehmen Vulcan Energy, das im Oberrheingraben künftig Lithium fördern will. Die EIB fördert das Vorhaben mit 250 Millionen Euro. Ziel ist es, jährlich bis zu 24.000 Tonnen Lithiumhydroxidmonohydrat (LHM) zu produzieren, was nach Unternehmensangaben für die Herstellung von etwa 500.000 Elektrofahrzeugen pro Jahr ausreicht.
Die EU-Kommission treibt außerdem das Recyceln der Materialien innerhalb der EU voran. Brüssel will in der ersten Jahreshälfte 2026 deshalb Beschränkungen für die Ausfuhr von Aluminium- und Magnetenabfälle einführen. »Falls nötig« erwägt die Kommission ähnliche Vorgaben für Kupfer. Die EU sucht außerdem nach alternativen Handelspartnern, um Rohstoffe etwa aus Ruanda, Indonesien und Südafrika zu beziehen.

vor 2 Tage
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