Pest in Europa im Mittelalter: Vulkanausbruch trug offenbar zu Pandemie bei

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»Perfekter Sturm« Vulkanausbruch im Spätmittelalter trug offenbar zu Pestwelle bei

Der Schwarze Tod im 14. Jahrhundert kostete Millionen Menschen in Europa das Leben. Forscher haben rekonstruiert, wie sich die Pest so gut ausbreiten konnte und was ein vermutlicher Vulkanausbruch damit zu tun hatte.

04.12.2025, 17.53 Uhr

 »Perfekter Sturm« aus vielen Faktoren führte zu Pestwelle

Flagellanten in Belgien beten für Schutz vor dem Schwarzen Tod (Miniaturmalerei aus der Mitte des 14. Jahrhunderts): »Perfekter Sturm« aus vielen Faktoren führte zu Pestwelle

Foto: CPA Media / IMAGO

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Laut einer Studie hat ein vermutlich weit entfernter Vulkanausbruch im Spätmittelalter eine entscheidende Rolle dabei gespielt, dass sich der Schwarze Tod in Europa ausbreiten konnte. Durch die Eruption seien die Temperaturen gesunken, dies habe zu Ernteausfällen geführt, weshalb wiederum mehr Fernhandel betrieben worden sei – dadurch sei die Pest eingeschleppt worden.

Das schlussfolgern Ulf Büntgen von der Universität Cambridge und Martin Bauch vom Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europas (GWZO) in Leipzig in ihrer Studie , die im Fachjournal »Communications Earth & Environment« veröffentlicht wurde. Welcher Vulkan oder welche Vulkane damals den ersten Dominostein dieser Kette ins Kippen brachten, ist den Forschern zufolge unklar. Sie vermuten die Tropen als Standort.

 Welcher Vulkan im späten Mittelalter zur Ausbreitung der Pest beitrug, ist unklar

Ausbruch des Popocatépetl-Vulkans in Mexiko 2024 (Symbolbild): Welcher Vulkan im späten Mittelalter zur Ausbreitung der Pest beitrug, ist unklar

Foto: Imelda Medina / REUTERS

Diese klimatischen, landwirtschaftlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Faktoren seien den Autoren zufolge der »perfekte Sturm« gewesen, der letztlich zum Schwarzen Tod führte. Die Ausbreitung der Pest könne als frühes Beispiel für die Folgen der Globalisierung gesehen werden. Der Schwarze Tod war eine der größten Katastrophen in der Geschichte der Menschheit: Zwischen 1347 und 1353 tötete das Bakterium Millionen Menschen in Europa. In einigen Teilen des Kontinents lag die Sterblichkeitsrate bei fast 60 Prozent.

»Das ist etwas, das ich schon lange verstehen wollte«, sagte Büntgen. »Was waren die Treiber des Beginns und der Übertragung des Schwarzen Tods und wie ungewöhnlich waren sie? Warum ist es genau zu diesem Zeitpunkt und Ort in der europäischen Geschichte dazu gekommen?«

Pest kommt ursprünglich aus Zentralasien

Verursacht wird die Pest vom Bakterium Yersinia pestis, das vor allem über Insekten wie Flöhe verbreitet wird. Es gelangte aus wilden Nagetierpopulationen in Zentralasien nach Europa. Historiker unterscheiden drei große Pest-Pandemien:

  • die Justinianische Pest mit der ersten Welle in den Jahren 541 bis 544, auf die bis Mitte des 8. Jahrhunderts mehr als ein Dutzend weitere Wellen in Europa und im Mittelmeerraum folgten,

  • den Schwarzen Tod, der Europa, Vorderasien und Nordafrika im 14. Jahrhundert heimsuchte

  • und die dritte Pandemie, die ab Ende des 19. Jahrhunderts in Süd- und Ostasien wütete und sich auch nach Madagaskar und Lateinamerika ausbreitete.

Büntgen und Bauch nutzten historische Dokumente und Klimadaten, die von Baumscheiben aus den spanischen Pyrenäen abgeleitet wurden. Aufeinanderfolgende sogenannte Blaue Ringe, die Phasen geringen Wachstums anzeigen, weisen demnach auf ungewöhnlich kalte und nasse Sommer in den Jahren 1345, 1346 und 1347 in weiten Teilen Südeuropas hin.

Ein kaltes Jahr sei nicht ungewöhnlich – mehrere aufeinanderfolgende Sommer schon, erläutern die Autoren in ihrer Studie. Dokumente wiesen zudem auf ungewöhnliche Trübungen und einen verdunkelten Mond in der gleichen Zeit hin, was auf vulkanische Aktivität hindeute.

Europa ist bis heute von Schwarzem Tod geprägt

Die Forscher nehmen an, dass ein Vulkanausbruch – oder eine Ansammlung von Ausbrüchen – um 1345 dazu geführt hat, dass die jährlichen Temperaturen aufgrund des Dunsts von Vulkanasche und Gasen sanken. In der Folge seien Ernten im gesamten Mittelmeerraum ausgefallen. Um Unruhen zu vermeiden und Hungersnöte zu lindern, hätten die italienischen Seerepubliken Venedig, Genua und Pisa Lieferungen von Getreideproduzenten am Schwarzen Meer auf den Weg gebracht.

»Seit mehr als einem Jahrhundert hatten diese mächtigen italienischen Stadtstaaten Fernhandelsrouten über das Mittelmeer und das Schwarze Meer etabliert, die es ihnen ermöglichten, ein hocheffizientes System zu aktivieren, um Hunger zu verhindern«, sagte Bauch. Doch die Folge sei eine weitaus größere Katastrophe gewesen: Die Schiffe, die Getreide transportierten, hatten offenbar mit Yersinia pestis infizierte Flöhe an Bord, wie bereits frühere Forschungen ergeben hätten.

In den Mittelmeerhäfen des 14. Jahrhunderts wurden sie zum Ausgangspunkt der Krankheitswelle, die rasch ganz Europa erfasste und große Teile der Bevölkerung tötete. In vielen europäischen Städten könne man immer noch Hinweise auf den Schwarzen Tod finden, sagte Büntgen. »Hier in Cambridge zum Beispiel wurde das Corpus Christi College von Stadtbewohnern gegründet, nachdem die Pest die lokale Gemeinschaft dezimiert hatte. Es gibt ähnliche Beispiele auf einem Großteil des Kontinents.«

Europa ist seit dem Ende der Dritten Pandemie Mitte des 20. Jahrhunderts pestfrei. Andere Weltregionen werden bis heute regelmäßig heimgesucht, Tausende Fälle jährlich werden erfasst.

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