EU-Datenräume für KI & Co: Keine schnelle Umsetzung für Gesundheitsdatenraum

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Der Europäische Gesundheitsdatenraum (EHDS) ist der erste von mehreren europäischen Datenräumen. Während 2020 noch von neun Datenräumen als Teil der europäischen Datenstrategie die Rede war, sollen es insgesamt 14 werden – neu sind etwa der „Green Deal Data Space“, der „Energy Data Space“ und der „Skills Data Space“. Sie sollen unter anderem dafür sorgen, eigene europäische KI-Modelle zu trainieren und die Versorgung zu verbessern. Doch während die Erwartungen groß sind, weisen Experten auf einen jahrzehntelangen Umsetzungsprozess und erhebliche Hürden hin. Datenschützer sind alarmiert.

Prof. Martin Gersch, Lehrstuhlinhaber an der Freien Universität (FU) Berlin, bezeichnete den EHDS auf dem Digital-Health-Symposium der TMF als längst überfälligen Schritt: „10 bis 15 Jahre zu spät, aber immerhin haben wir erkannt, dass wir da was verschlafen haben.“ USA und China hätten bereits gezeigt, wie wertvoll Daten sind. Der Markt habe aber dazu geführt, dass dieser Wert „in den Händen einzelner Player“ privatisiert und monopolisiert wurde. Beispiele dafür sind ChatGPT und DeepSeek.

Für Gersch ist die europäische Regulierung ein seltener Fall, in dem die Politik zum Innovationstreiber wird. Der EHDS werde „wirklich der Door-Opener [...] gerade für die verkrusteten deutschen Strukturen“, so Gersch. Er verwies auf Beispiele, in denen Daten bereits genutzt werden, um die Forschung voranzutreiben, etwa das Projekt „Caring S“. Dabei können Daten aus verschiedenen Quellen wie Robotik, Smartphones und der Pflegedokumentation zur Verfügung gestellt werden.

Aus der Industrie kam ebenfalls Zuspruch. Maro Bader, der beim Pharmakonzern Roche Leiter für Digitale Transformation und politische Angelegenheiten im Gesundheitswesen ist, sprach von einem Novum, da die Industrie verpflichtet ist, Teil einer vernetzten und öffentlich regulierten Gesundheitsdateninfrastruktur zu werden. Zudem begrüßte er, dass der EHDS Unternehmen die Möglichkeit gibt, „bei einem Risiko für geistiges Eigentum etwaige Widerspruchsrechte einzuräumen“. Die nationale Datenzugangsstelle kann dem Antragsteller dann den Zugang zu diesen Daten verwehren.

Laut Dr. Verena Benz, Bereichsleiterin Pharma digital beim Bitkom, sei die Dringlichkeit noch nicht bei allen Unternehmen angekommen: „Manche denken, ‚ach das dauert noch ein bisschen, bis mich das betrifft‘. Und andere denken, es ist noch nicht der Zeitpunkt, um mitzuwirken.“ Sebastian C. Semmler, Geschäftsführer der TMF e. V., dämpfte die Erwartungen an eine schnelle Umsetzung ebenfalls. Zwar biete der EHDS eine große Chance, doch die eigentliche Arbeit liege bei den Ländern. Viele Fragen sind noch offen.

„Überall da, wo es im europäischen Gesundheitsdatenraum kompliziert wird“, so Semmler, werde versucht, die Verantwortung abzugeben. Zwar bezeichnete er die elektronische Patiententenakte (ePA) als Meilenstein, doch insbesondere die Nutzung von Daten aus der elektronischen Patientenakte (ePA) für die Forschung sei noch in weiter Ferne. Unklar sei beispielsweise, wie Daten aus unterschiedlichen Sektoren über längere Zeiträume zusammengeführt werden können. „Da sind wir mal locker eine Dekade von entfernt.“ Interessiert werde auf das Medizinregistergesetz geschaut, „um dann tatsächlich auch die Voraussetzungen zu schaffen, dass wir in Deutschland eben die Daten, die wir durchaus haben, auch verknüpfen können und in diesem Rechtsrahmen auch selber nutzen können“.

Das bestätigte auch eine Referentin aus dem Bundesministerium für Gesundheit, Dr. Nilofar Badra-Azar. „Das ist eine sehr toughe Zeitlinie, die wir einhalten müssen“, sagte sie mit Blick auf die Frist bis 2029. Dann müssen laut Badra-Azar die meisten Datenkategorien an den EHDS angeschlossen sein, etwa Verordnungsdaten. Man plane jedoch, auf bestehenden Strukturen aufzubauen: „Also wir werden das Rad nicht neu erfinden, sondern wir werden das, was wir hier in Deutschland aufgebaut haben, nachnutzen und weiterentwickeln.“

(mack)

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