Berlin: Bundesregierung warnt vor sozialen Spannungen durch Klimapolitik

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Demonstranten der Fridays For Future Bewegung fordern eine »Zukunft für alle«

Demonstranten der Fridays For Future Bewegung fordern eine »Zukunft für alle«

Foto: Stefan Boness / Ipon / picture alliance

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17,6 Prozent der Menschen in Deutschland – fast jeder Fünfte – muss wegen Armut auf wichtige Waren und soziale Aktivitäten verzichten. Das geht aus dem neuen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hervor. Der untersuchte Zeitraum umfasst die Coronapandemie sowie die Inflations- und Energiepreiskrise infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.

Der mehr als 600 Seiten starke Bericht macht außerdem deutlich, dass die Einkommensunterschiede zwischen 2010 und 2020 gewachsen sind. Zwar stiegen die Haushaltseinkommen in allen Schichten, jedoch deutlich mehr bei Gutverdienenden. Geringverdiener waren stärker von der Inflation betroffen.

Das ist nicht die einzige Schwierigkeit für einkommensschwächere Haushalte. Die Bundesregierung warnt, dass diese vor allem von den Kosten der Klimapolitik belastet werden. Steigende CO₂-Preise führten zu höheren Ausgaben für Heizung und Verkehr, die bei diesen Gruppen einen größeren Teil ihres Budgets ausmachten, heißt es in dem Bericht. Ärmeren Haushalten fehlten zudem oft die finanziellen Mittel für klimafreundliche Investitionen wie Gebäudesanierungen oder Elektroautos. Klimaschutzpolitische Maßnahmen müssten daher sozial ausgewogen gestaltet sein. Deshalb hat die Koalition ein neues Programm zur E-Auto-Förderung beschlossen, von der besonders Haushalte mit kleinem oder mittlerem Einkommen profitieren sollen.

Reiche Haushalte verursachen doppelt so viele Emissionen

Dem Bericht zufolge verursachen die einkommensstärksten zehn Prozent der Haushalte mehr als doppelt so viele klimaschädliche Emissionen wie die einkommensschwächsten zehn Prozent. Zugleich leiden Haushalte mit geringen Einkommen am meisten unter den Kosten der Klimapolitik. Sie geben demnach für Energieausgaben  bis zu 13 Prozent ihres Budgets aus und damit mehr als doppelt so viel wie wohlhabende Haushalte.

Ein weiterer Schwerpunkt ist, dass viele Berechtigte Sozialleistungen nicht in Anspruch nehmen. Dies schränke die Wirksamkeit der Armutsbekämpfung ein. Gründe dafür seien Informationsdefizite, ein hoher Aufwand bei der Beantragung oder institutionelle Hürden.

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Jede Bundesregierung muss einmal in der Wahlperiode den Armuts- und Reichtumsbericht vorlegen. Der Bericht hat bereits im Vorfeld Kritik auf sich gezogen: So bemängelt der Armutsforscher Christoph Butterwegge, es handele sich um einen »riesigen Datenfriedhof«. Dieser sei für die Leser wenig überschaubar. Außerdem beklagte er, dass der Bericht die Verteilung von Vermögen verschleiere. Die fünf reichsten Familien in Deutschland besäßen zusammen ein Privatvermögen von 250 Milliarden Euro. Das sei mehr als die ärmere Hälfte der Bevölkerung, immerhin mehr als 40 Millionen Menschen, rechnete der Wissenschaftler vor. »Armut ist selbst in einem so wohlhabenden Land wie unserem ein Massenphänomen«, schreibt er im SPIEGEL.  

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